Weil Zwei sich streiten, wackeln über 15.000 Arbeitplätze und 446 Filialen stehen vor dem Aus!
Mühlheim. Jeder von uns kennt den Namen Kaiser’s seit Jahrzehnten. Als Synonym für’s Einkaufen von Lebensmitteln, Zeitschriften und Allerlei für den Haushalt. Ein rotweißer Schriftzug, genauer gesagt: weiße Schrift auf rotem Grund, die jeder kennt und liebt. „Bin mal eben zu Kaiser’s“ – wer kennt diesen Satz nicht aus seinem Alltag? Und das soll nun bald alles vorbei sein? Kaum vorstellbar, aber möglich. Weil zwei Dinos der Lebensmittelbranche sich nicht einigen können oder wollen, weil persönliche Disharmonien und Antipathien den so wichtigen Dialog stören. Auf der einen Seite Carl-Erivan Haub, als Eigentümer von Kaiser’s Tengelmann und auf der anderen Seite Alain Caparros, Chef von Rewe. Der eine, Haub, will Kaiser’s verkaufen, der andere will kaufen. Doch Haub mag Caparros nicht und betont seit Wochen: „Ein Verkauf geht nur an Edeka, nicht aber an Rewe“. Allerdings ist ein Verkauf von Kaiser’s an Edeka gerichtlich untersagt worden , also bleibt nur noch Rewe als Käufer übrig. Doch weil sich beide Manager nicht riechen können, droht nun die Zerschlagung des Konzerns. Denn Haub drohte bereits mehrfach, dass er lieber den Konzern mit 446 Filialen deutschlandweit und 15.000 Mitarbeitern auflösen würde, als an den verhassten Konkurrenten abzugeben.
Seit Jahren eskaliert der Streit zwischen beiden Konzernführern. Zwei unterschiedliche Typen Mensch, die beide gewohnt sind, die gesteckten Ziele zu erreichen. Haub führt erfolgreiche das Unternehmen in der 5. Generation, Caparros konnte sich als Selfmade-Millionär an die Spitze von Rewe arbeiten und den Konzern in seine Blüte führen. Dann kam der Tag der ersten Konfrontation: Rewe zeigte an, die Lebensmittelkette Plus von Haub kaufen zu wollen, aber Haub provoziert mit überteuerten Forderungen. Der Verkauf platzte, und Haub und Caparros besiegeln ihre jahrelange Feindschaft. Und nun der Höhepunkt der Rivalität: Obwohl gut 15.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, könnte es passieren, dass der Name Kaiser’s Tengelmann von der Landkarte verschwindet. Undenkbar. Traurig. Rücksichtslos. Sigmar Gabriel, der SPD-Chef, ist alarmiert und versucht als Schlichter beide Parteien doch noch zu einer Lösung zu bewegen. Doch dies ist nicht einfach, weil beide Sturrköpfe noch nicht einmal mehr gemeinsam in einem Verhandlungsraum sitzen wollen, geschweige denn einander die Hand geben würden.
Jetzt schrillen im ganzen Land die Alarmsirenen und die Arbeitnehmervertretung Ver.di versucht verzweifelt, die Wogen zu glätten und eine friedliche Lösung herbeizuführen. Für kommenden Dienstag ist ein weiteres Gespräch zwischen beiden Unternehmen geplant. Schließlich müssen tausende Arbeitsplätze gerettet werden. Bereits ab der kommenden Woche sollen für das Kaiser’s-Filialnetz der Vertriebsregion Nordrhein sowie die Fleischwerke in Viersen (NRW), Donauwörth (Bayern) und Perwenitz (Brandenburg) Interessensbekundungen am Markt eingeholt werden. Die „Verwertungsphase“ der Vertriebsregionen München und Berlin solle zeitverzögert starten, hieß es. Haub erklärte am Donnerstagabend, er habe die Geschäftsführung von Kaiser’s Tengelmann beauftragt, in umfassende Sozialplanverhandlungen einzutreten. Die Situation ist angespannt, aber noch nicht verloren. Aber Erivan Haub ist eben so vermögend, dass er einer Zerschlagung der Konzerns in Ruhe zuschauen könnte, ohne privat Not leiden zu müssen.
Auch Edeka ließ verlauten, die Verhandlungen zur Rettung der 15.000 Arbeitsplätze bei Kaiser’s Tengelmann seien gescheitert.“ Leider haben die Gespräche mit Rewe keine Lösung gebracht“, erklärte der Einzelhandelsriese. Edeka machte dabei Rewe für das Scheitern der Gespräche verantwortlich: „Edeka war zu extrem weiten Zugeständnissen bereit, um der Belegschaft von Kaiser’s Tengelmann ab sofort eine sichere Zukunft zu bieten“, hieß es in einer Mitteilung des Unternehmens. Das sind natürlich trübe Aussichten, aber noch ist nichts endgültig verloren. Denn Caparros ist nach wie vor interessiert, auch Teile von Kaiser’s zu erwerben, ob es nun rein wirtschaftliche Interessen sind oder auch noch persönliche Intentionen dahinter stehen, bleibt abzuwarten. Rewe habe wiederholt deutlich gemacht, dass das Unternehmen für Teil- wie auch für Gesamtlösungen zur Verfügung stehe, erklärte Caparros weiter – dazu zähle auch eine Gesamtübernahme von Kaiser’s durch Rewe. „Herr Haub muss nun entscheiden, ob er diese Chance noch ergreifen will oder seine nun seit zwei Jahren dauernde Verweigerungshaltung fortsetzt“, hieß es in der Mitteilung des Konzerns. Eine Rücknahme der Klagen sei aus unternehmensrechtlichen Gründen ohne einen fairen Interessenausgleich nicht möglich.
Nun bleibt zu hoffen, dass Sigmar Gabriel vielleicht doch noch so großen Einfluss hat, um eine Einigung herbeizuführen, welche Arbeitsplätze rettet und den Wirtschaftsstandort Deutschland nicht weiter in Misskredit bringen wird.